Dies war eine Aufführung des dortigen Chors „Haste Töne“ mit ihrem Chorleiter Hubert Arnold. Diesen Chor kannten wir von einer vorausgegangenen Aufführung der „Missa Gaia“, einem ebenfalls herausragenden Werk, ursprünglich zum 800.Geburtstag von Franz von Assisi geschrieben.
Diesmal „The Armed Man: A Mass for Peace“:
Wir trafen uns vorab, hielten gemeinsam Mahl und arbeiteten uns dann inhaltlich durch die Mess-Texte. Das Werk ist geschaffen von dem walisischen Komponisten Karl Jenkins als besonderer Auftrag zur Jahrtausendwende unter dem Eindruck des Kosovo-Krieges und war gewidmet den Opfern des Balkankrieges. Diese Messe ist die jüngste in einer 6 Jahrhunderte währenden Tradition von „Armed Man“-Vertonungen, basierend auf einem kleinen französischen Soldatenlied „L´homme ar-mee“, entstanden im 15.Jahrhundert auf dem Hintergrund des damaligen 100-jährigen Krieges. Die Ursprungsmelodie hörten wir gemeinsam und lasen den kurzen Text dazu.
Die Messe beginnt mit diesem Soldatenlied und endet auch hiermit, eingewoben zum Schluss in andere Texte, unter anderem in Verbindung mit Zeilen aus der Offenbarung des Johannes.
Der große Zwischenteil der Messe basiert auf der katholischen Messliturgie (Kyrie, Sanctus, Benedictus, Agnus Dei). Dazwischen sind Passagen aus anderen religiösen und historischen Quellen einbezogen. Hier gab es in dieser Aufführung eine Besonderheit. So ist eigentlich nach dem Kyrie der Ruf des Muezzin (Allahu akbar) eingefügt. Diese Passage war bei dieser Aufführung wegen 9/11 und der aktuellen Kriegssituation im Nahen Osten herausgenommen und wurde ersetzt durch ein ukrainisches Vater Unser „Otsche nasch“ des lettischen Komponisten Rihards Dubra, komponiert am 4.3.2022. Im Mittelteil der Messe findet man einen Text, der die ganze Verblendung der Menschen im Kriegstaumel verdeutlicht („How blest is he who for his country dies“ „Wie selig ist der, der für sein Vaterland stirbt.“) Nach der Schlacht folgt eine große Stille. Im Anschluss hört man das Stück „Angry Flames“, „Zornige Flammen“ von Torge Sankichi, der als Augenzeuge am 6.8.1945 den Abwurf der Atom-bombe auf Hiroshima erlebte und 1957 im Alter von 36 Jahren an Leukämie durch die radioaktive Strahlung starb. Ebenfalls ist eingebaut ein Text aus der Mahabharata, dem bekanntesten indischen Epos. Sich auf die teils sehr heftigen Texte einzulassen, war eine große Herausforderung und erschütterte.
Wir beendeten unsere Vorbereitung auf die Messe mit dem Gedicht von Shalom Ben-Chorin, das er 1942 im Exil in Jerusalem schrieb, blickend auf das, was zu dieser Zeit in Nazi-Deutschland mit seinem Volk geschah . Der Dichter sagte einmal:“ Muss man nicht ein bisschen verrückt sein, um die Hoffnung nicht aufzugeben in dieser Welt?“
Freunde, dass der Mandelzweig
Wieder blüht und treibt,
Ist das nicht ein Fingerzeig,
Dass die Liebe bleibt?
Dass das Leben nicht verging,
Soviel Blut auch schreit,
Achtet dieses nicht gering,
In der trübsten Zeit.
Tausende zerstampft der Krieg,
Eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg
Leicht im Winde weht.
Freunde, dass der Mandelzweig
Sich in Blüten wiegt,
Bleibe uns ein Fingerzeig,
Wie das Leben siegt.
Mit dem Kanon „Dona nobis pacem“ beendeten wir unsere Vorbereitung. Die darauffolgende Aufführung selbst hatte durch die intensive Vorbereitung eine umso nachhaltigere Wirkung.
Maria Schulze, Vivere Rheinland